In den Zwischenräumen
- susannawacha
- 15. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Juni

In den Zwischenräumen – da, wo unsere sorgsam entworfenen Pläne auf das wilde, unvorhersehbare Leben treffen – geschieht etwas Wunderbares:
echtes Leben. Nicht die Instagram-Version. Nicht der Fünfjahresplan.
Nicht das, was wir anderen versprochen haben. Sondern diese wunderschöne, manchmal schmerzhafte, immer wieder überraschende Reise, auf die uns keine Visionstafel hätte vorbereiten können. Was diese Zeilen besonders macht, ist keine auf Hochglanz polierte Weisheit und auch keine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Es ist die radikale Ehrlichkeit darüber, was es heißt, Mensch zu sein. Hier ist Raum: Ein Raum, in dem Auseinanderfallen kein Scheitern ist. In dem Nichtwissen keine Schwäche ist. Und in dem der nächste Schritt manchmal einfach damit beginnt, wirklich da zu sein, wo du gerade bist – nicht dort, wo du dachtest, du sein müsstest.
1. Die Umwege sind die eigentliche Reise
Wir setzen uns ein Ziel – den perfekten Job, die große Liebe, das schöne Zuhause, den Körper, der endlich "richtig" ist. Wir planen. Wir berechnen. Wir glauben, wir wüssten den Weg. Und dann kommt das Leben. Krankheiten tauchen auf. Jobs verschwinden. Herzen brechen. Wege enden, bevor sie richtig begonnen haben. Was sich anfangs wie eine Katastrophe anfühlt, wird oft zum kostbarsten Teil unserer Reise. Die Beförderung, die nicht kam, öffnet vielleicht die Tür zu etwas, das dich wirklich erfüllt. Die Beziehung, die endet, schafft Raum, dich selbst tiefer kennenzulernen. Die Krankheit, die alles in Frage stellt, schenkt dir Einsichten, die du gesund nie gefunden hättest. Die schönsten Leben? Sind selten die, die perfekt durchgeplant waren. Sondern die, in denen die Umwege umarmt wurden.
2. Zerbrechen gehört zum Werden
Wir leben in einer Welt, die Stärke feiert. Durchhalten, funktionieren, alles im Griff haben.Aber manchmal ist genau das Gegenteil der mutigste Schritt: loslassen. Zusammenbrechen. Zulassen, dass etwas Altes zerfällt, damit etwas Echtes entstehen kann. Diese Momente, in denen du denkst: „Ich kann nicht mehr“ – sie sind nicht das Ende. Sie sind Übergänge. Türöffner. Die Trauer, die dich überflutet. Die Enttäuschung, die dich erdrückt. Das Gefühl, versagt zu haben. All das ist nicht falsch. Es ist Teil deines Werdens. Wie in der japanischen Kunst des Kintsugi, wo zerbrochene Schalen mit Gold geflickt werden, kann genau das, was in dir gebrochen ist, zu dem werden, was am meisten strahlt. Nicht, weil es nie Risse gab – sondern weil du sie nicht mehr versteckst. Mut heißt manchmal nicht, stark zu bleiben. Sondern weich zu werden. Offen. Verletzlich. Ehrlich mit dir selbst.
3. Unsicherheit kann ein Geschenk sein – nicht nur eine Last
Wir sind so sehr darauf trainiert, alles im Griff zu haben. Pläne machen. Absichern. Kontrollieren. Bloß keine Lücken lassen. Bloß keine Fragezeichen.
Aber: das Leben liebt Zwischenräume. Es liebt die Momente, in denen du nicht weißt, wie es weitergeht. Weil genau dort etwas Neues entstehen kann. Etwas, das kein Plan, kein Kalender und kein To-do hätte hervorbringen können. Vielleicht ist es gerade der Job, den du verloren hast, der dich zu dem führt, was du wirklich willst. Vielleicht ist es der leere Raum in deinem Terminkalender, der dich plötzlich atmen lässt – und etwas in dir hört zum ersten Mal wieder zu. Unsicherheit muss kein Problem sein. Sie kann ein Übergang sein. Ein Raum zum Lauschen. Ein Raum, in dem du nicht handeln musst – nur da sein. Und manchmal – genau dort – wartet das Leben mit einer Überraschung, die kein Sicherheitsdenken je möglich gemacht hätte.
5. Dein Wert misst sich nicht daran, was du tust
„Was hast du heute geschafft?“
Eine leise Stimme, die manchmal wie ein Schatten mitläuft.
Und mit ihr dieser Druck: Ich muss leisten, um zu genügen.
Um meinen Platz zu verdienen.
Aber das stimmt nicht..
Du bist nicht hier, um zu funktionieren.
Nicht, um dich zu optimieren.
Nicht, um ständig etwas vorweisen zu können.
Du bist wertvoll, einfach weil du da bist.
Mit allem, was du bist – auch an den leisen Tagen.
Auch wenn du kaum aus dem Bett kommst.
Wenn du nur atmest. Dich anziehst. Kurz in den Himmel schaust.
Diese Tage zählen. Sie sind Leben. Sie sind genug.
Der Anteil in dir, der glaubt, er müsse erst etwas leisten, um zu dürfen –
der darf leiser werden. Weicher. Still werden und lauschen.
Denn manchmal ist das Mutigste, was du tun kannst: nichts.
Dein Wert ist nicht verhandelbar. Er war immer da. Und er bleibt.
Text frei nach Alessandra Olanow





Kommentare